Suchsymbol

Erweiterte Suche

 Weitere Zugänge:
· Art der Organisation
· Sachgebiet
· Bundesland
· Regierungsbezirk
· Landkreis
· Landschaft
· Gemeinde
· Personen
· Biographien
 Sonderbereiche:
· Oberbayrische Almen
· AgrarKulturerbe in Europa
- AgrarKulturerbe-Preis

 Vorige Seite 

Landkreis (Landratsamt) Dillingen an der Donau

Karte-Dillingen-98-04-06
Beschreibung
An der Westgrenze Bayerns liegt im Norden des Regierungsbezirks Schwaben der Landkreis Dillingen a.d. Donau. Wie sein Name schon verrät, ist die Donau der bestimmende Fluss. Auf rund dreißig Kilometern durchfließt sie den Landkreis von West nach Ost in einem durchschnittlich zehn Kilometer breiten Tal. Dieses Tal bildet eine der drei Großlandschaften Süddeutschlands, über die sich die knapp 800 km2 Landkreisfläche erstrecken. Die beiden anderen sind im südlichen Teil des Kreises das Alpenvorland, im nördlichen Teil die deutschen Mittelgebirge. Die Donau wird von vier Landschaftsstreifen gesäumt: Donauried, Donauhochterrassen, südlich davon die Iller-Lech-Schotterplatte, nördlich die Schwäbische Alb mit Höhen bis 613 m NN. Dort ist das Klima merklich rauer (Jahresmittel 7,5 Grad C) als im geschützten Donautal, das allerdings mit siebzig Nebeltagen im Jahr auch klimatische Nachteile aufweist. Das Temperaturmittel liegt hier bei 8,2 Grad C, die Niederschläge nehmen in Richtung Alpen von 650 auf 800 mm im Jahr zu.
Die Geologie des Landkreises ist auf engstem Raum von großer Mannigfaltigkeit. Die Alb ist die älteste Landschaft (Jura). Trockenrasengesellschaften und Steppenheiden gehören zur ursprünglichen Vegetation. Obwohl der Meteoriteneinschlag, der den weltbekannten Rieskrater schuf, im Nachbarlandkreis erfolgte, wirkte dieses erdgeschichtliche Ereignis auch auf den Landkreis Dillingen. Die hier anstehenden Gesteine der Alb wurden im nordöstlichen Teil zerrüttet und weite Flächen des Landkreises von den Sprengmassen aus dem Rieskrater überdeckt. Diese Riesauswürfe bilden heute Nachbarlandschaften des Rieses: Vorries, Riesalb und Härtsfeld, in denen sich auffällige geologische Gebilde häufen wie der Buschel bei Oberbechingen, der Osterstein bei Unterfinningen und der Rabenstein bei Ziertheim, alles ungeheure Riesbomben. Nächst ältere Landschaft ist die Iller-Lech-Schotterplatte, ein flachwelliges Hügelland mit Schotterterrassen aus vier Eisvorstößen. Der Wind lagerte auf den älteren Geröllfeldern Löß ab, heute mit Ackerzahlen bis 85 die begehrtesten landwirtschaftlichen Standorte. Die jüngste Landschaft, das Donautal, weist ebenfalls lößbedeckte Hochterrassen auf, die Schwemmlandböden im Talgrund sind zwar von etwas geringerer Güte, können aber mit Gewinn bewässert werden. Die Lehmböden des Jura sind stark mit Steinen durchmischt.
Der Landwirtschaft stehen im Jahresmittel 190 (Alb) bis 220 (Donautal) Wachstumstage zur Verfügung. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Begradigung der Donau als große Kulturbaumaßnahme im Landkreis durchgeführt, um aufgrund der immer wieder aufgetretenen Donauhochwasser die Wasserverhältnisse großräumig zu regulieren. Dabei wurden erhebliche Flächen neu für die landwirtschaftliche Nutzung gewonnen. Heute dominieren neben einigen weitum als Innovatoren bekannten Gutsbetrieben mittelgroße Höfe mit Getreide und Silomais im Ackerbau und Schweinen neben Milchvieh und Mastrindern in der Nutzviehhaltung. Um die kleine Stadt Gundelfingen herum wird auf mehreren hundert Hektar Gemüse und Obst angebaut. Der Waldanteil an der Landkreisfläche liegt mit rund 20 Prozent unter dem bayerischen Durchschnitt, besonders waldarm ist die Donauebene (8 Prozent). Reste flussbegleitender Auwälder bergen seltene Kleinodien der Tier- und Pflanzenwelt. Große zusammenhängende Forste stehen auf der Riesalb, heute Staatswald, ehemals fränkische Königsforste, die später in landesherrliche und klösterliche Hände übergingen.
Die alten Völkerstraßen entlang der Donau bescheren dem Landkreis ungemein reichliche Bodenfunde, beginnend mit dem Ende der Altsteinzeit. Besonders häufige Zeugnisse liegen aus der Mittelsteinzeit vor. Die für Süddeutschland bedeutendste steinzeitliche Siedlungsstelle wurde auf dem Alten Berg bei Wittislingen ergraben. Vom Beginn des Vollbauerntums in der Jungsteinzeit zeugen Funde auf der Kohlplatte bei Lutzingen. Aus der Metallzeit stammen ein Hockergräberfriedhof auf dem Galgenberg bei Lauingen, ein Hügelgräberfeld im Ried bei Kicklingen und mehrere Urnenfriedhöfe. Aus der Keltenzeit gibt es einige Viereckschanzen, die am besten erhaltene in Unterbechingen, reiche Funde von Keramik und von Eisenbarren. Zahlreiche Mauerreste römischer Gutshöfe, Römerstraßen, u.a. unter der heutigen B 16, und römische Kastelle in Aislingen und Faimingen belegen mit zahlreichen Fundstücken die unübersehbare Anwesenheit der Römer im Landkreisgebiet. Aus der Zeit der alamannischen Landnahme sind Reihengräber aus dem 6. und 7. Jahrhundert ergraben worden mit einer Fülle von Grabfunden, darunter sticht prächtiger Fibelschmuck hervor. Geschlossene Siedlungskontinuität von der Mittleren Altsteinzeit bis in die Gegenwart gibt es in Wittislingen. Andernorts sind öfter Siedlungen wieder aufgegeben, mehrmals verlegt oder mit anderen verschmolzen worden.
Da der Landkreis zu beiden Seiten einer wichtigen Durchgangsstraße von West nach Ost liegt, war das Gebiet immer wieder Schauplatz von Kampfhandlungen, die Entscheidungen geschichtlichen Ausmaßes zur Folge hatten. Am bekanntesten ist die Entscheidungsschlacht des Spanischen Erbfolgekrieges (1701/04): Bei Höchstädt siegte am 13. August 1704 das englisch-kaiserliche Heer über die französisch-bayerische Armee. Als "Blenheim" ging der Name des Dorfes Blindheim, Ort der Kapitulation, zusammen mit dem Namen des Heerführers John Churchill, Herzog von Marlborough, ruhmreich in die englische Geschichte ein. Der 2004 angelegte Denkmalweg "Auf den Spuren der Schlacht vom 13. August 1704", ein 23 km langer Rundweg, erinnert daran.
Die engere Geschichte des Landkreises Dillingen ist zum größeren Teil eine Geschichte seiner herrschaftlichen Zersplitterung. Erst im 19. Jahrhundert entstand der Landkreis als künstliche Schöpfung aus Besitztümern unterschiedlichster Herrschaften. Zunächst umfasste die alamannische Landnahme das gesamte Kreisgebiet, was sich heute noch an den Ortsnamen auf -ingen und -heim ablesen lässt. Eine politische Trennung ist aus dieser frühesten Zeit nicht bekannt. Unter fränkischer Oberherrschaft wurden Grafschaften eingerichtet. Eine davon, die Grafschaft Dillingen, ging 1261 an bayerische Herzöge, womit die am Ende das gesamte Gebiet umfassende bayerische Herrschaft über den Landkreis Dillingen ihren Anfang nahm. Von den Staufern erwarben die Wittelsbacher weitere Ländereien hinzu. Danach wechselte das Besitzrecht in verwirrender Weise zwischen den unterschiedlichen wittelsbachischen Linien. Zusammen mit den Ländereien der auch noch auf dem Gebiet des Landkreises begüterten Herrschaften ergab das einen "territorialen Fleckerlteppich" wie man ihn selten antrifft. Aus der schon erwähnten Grafschaft Dillingen wurde 1258 auch ein Teil an den Bischof von Augsburg übereignet. Die Bischöfe dehnten ihre Besitztümer laufend aus, schufen aber keinen geschlossenen Besitz. Um Streubesitz handelte es sich auch bei den Besitzungen der Markgrafschaft Burgau, die Anfang des 14. Jahrhunderts habsburgisch wurde und hinfort einen Teil Vorderösterreichs bildete. In das Kreisgebiet ragten die Besitzungen der Grafen von Oettingen an drei Stellen herein, die Fugger besaßen das Dorf Glött, das sie als Sitz der gleichnamigen Herrschaft ausbauten. Die Reichsritterschaft war an mehreren Orten im Kreis ansässig, ebenso der Deutsche Orden. Jedes Herrschaftsgebiet stand unter anderem Recht, hatte andere Maße, andere Münzen, andere Steuern und Zölle. Erst die Säkularisierung (1803) und Mediatisierung (1806) machten dieser Vielherrschaft ein Ende.
In der Reformations- und Gegenreformationszeit führten die unterschiedlichen Regenten zu unterschiedlichen Zeiten auch ihre jeweilige Konfession in ihren Gebieten ein. Lediglich drei Landkreisgemeinden haben seit der Reformation ununterbrochen am evangelisch-lutherischen Bekenntnis festgehalten. Ganz ungewöhnlich ist der Neubau einer evangelischen Kirche auf dem Lande im Renaissancestil (1606-1609) in Haunsheim. Die Stadt Dillingen war dagegen eine katholische Hochburg. Hier lehrten von 1563 bis 1773 (Jahr des Verbots des Jesuitenordens) Jesuiten an der dortigen, 1549 gegründeten Universität. Danach wurde diese Lehrstätte als Hohe Schule bis 1804 weitergeführt, wandelte sich dann zu einem Lyzeum, das 1923 zu einer Philosophisch-Theologischen Hochschule erhoben wurde. Sie wurde 1971 in die neu gegründete Universität Augsburg integriert. Seitdem residiert dort die Bayerische Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung.
Aus dem Landkreisgebiet stammen zwei geschichtlich besonders bedeutende Persönlichkeiten: St. Ulrich, Bischof von Augsburg und Held der Schlacht auf dem Lechfeld (955) gegen die Ungarn sowie der heilige Albertus Magnus, Sohn der Stadt Lauingen, eine hervorragende Gestalt der Geistesgeschichte.
Der größere Teil der kunstwissenschaftlich und volkskundlich interessanten Denkmäler des Landkreises entstanden vom 17. bis zum 19. Jahrhundert. Denn aus der Romanik ist bis auf die Leonhardskapelle in Dillingen kein Sakralbau unverändert überkommen, Bauteile finden sich in noch bestehenden Kirchen, desgleichen Einzelstücke, so ein Bronzekruzifix vom Ende des 12. Jahrhunderts in der Basilika St. Peter in Dillingen. Viele Dorfkirchen und -kapellen gehen in größeren oder geringeren Teilen zwar auf die Gotik zurück, rein erhalten sind aber nur die beiden Stadtkirchen Höchstädt und Lauingen. Genauso steht es mit weltlichen Bauten. Das Burgschloss in Lauingen ist nur noch ein gotischer Torso, Bürgerbauten sind ganz verschwunden. Aus der Renaissance blieb die schon erwähnte evangelische Kirche in Haunsheim erhalten sowie mehrere Schlossbauten, der bedeutendste in Höchstädt (seit 2002 ein überregionaler Museumsstandort), und das Pfarrhaus in Gottmannshofen (1570). Nach dem 30-jährigen Krieg entstanden großartige Architekturleistungen, so die Klosterkirche Maria Medingen (1716/18) von Dominikus Zimmermann, die Klosterkirche in Obermedlingen (1718/21), die Spitalkirche in Gundelfingen (1719/22), die Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Leonhard in Unterliezheim (1732-40), die stattliche Dorfkirche St. Vitus in Donaualtheim (1751/53) von Franz Xaver Kleinhans. Als elegantester Kirchenraum des Rokoko gilt die ländliche Pfarrkirche in Gottmannshofen (1763). Unter den herausragenden Einzelwerken der Kunst ist der Flügelaltar in der Schlosskapelle Hohenreichen mit seiner Zentralfigur des Heiligen Georg zu Pferde (1515) sowie die überlebensgroße Holzfigur des heiligen Sebastian, ein Frühwerk von Georg Petel aus Augsburg, in der katholischen Pfarrkirche in Aislingen zu nennen. Eine kunstgeschichtliche Sonderstellung nimmt die um 1410/20 entstandene "Tonmadonna von Vorderried" ein.
Ursprünglich gab es im Gebiet des heutigen Landkreises fünf unterschiedliche Bauernhaustypen: Rieser Bauernhaus, Haustyp des Donautals, Kesselbachtaler Strohdachhaus, Wertinger Bauernhaus, Fachwerkhaus des Günzburger Typs. Nur noch wenige Bauten sind erhalten, so in Binswangen, Hirschbach, Unterthürheim und Zusamaltheim. Von der alten Bedeutung des Bauernstandes zeugt noch das Epitaph des Bauern Kaspar Becherer (1679) in Donaualtheim. Geschätzt werden in der Gegenwart zwei Bauern und Dichter: Michel Eberhardt (1913-1976) und Alois Sailer (geb. 1936).
Text: Professor Dr. Joachim Ziche und Georg Wörishofer
Literatur
-Der Landkreis Dillingen a. d. Donau in Geschichte und Gegenwart. (Hrsg. v. Landkreis Dillingen a. d. Donau..) Dillingen 2005 (3. Aufl.).
-Der Landkreis Dillingen an der Donau ehedem und heute. (Hrsg. v. Landkreis Dillingen a. d. Donau.) Dillingen 1982