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- AgrarKulturerbe-Preis

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Stadt (Stadtverwaltung) München

Beschreibung
Die Landeshauptstadt München, 1158 durch den Welfen Heinrich den Löwen gegründet, mit heute 1,3 Mio. Einwohnern, umfasst eine Fläche von 310,43 km2. Die an der Isar gelegene Stadt liegt naturräumlich zur Gänze in der Münchner Schotterebene mit flachgründigem Kiesboden. Der Anteil der land- und forstwirtschaftlichen Flächen beträgt 20 %. Die Stadt liegt 519 m über NN, die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt 7,70 C, die Durchschnittshöhe der Jahresniederschläge 966 mm. Im Stadtgebiet liegen 115 Landwirtschaftsbetriebe mit einer Durchschnittsgröße von 51,4 ha, was darauf schließen lässt, dass darin auch großbäuerliche und Gutsbetriebe enthalten sind. Tatsächlich hat der größte Betrieb eine Fläche von 1635 ha. Das Ackerland : Grünlandverhältnis ist 5,8 : 1. Die wichtigsten Ackerfrüchte sind Winterweizen, gefolgt von Sommergerste und Körnermais. Daneben spielt auch der Kartoffel- und Feldgemüseanbau eine wichtige Rolle. In der Viehhaltung dominiert die Rindermast. Auch Pferde- und Schafhaltung sind bedeutend.
Das agrarische Gewicht der Stadt München liegt jedoch nicht in der landwirtschaftlichen Erzeugung, sondern in seiner Mittelpunktfunktion für den Agrarmarkt, die Agrarorganisation und -verwaltung, Agrarbildung und -forschung und Bewahrung des Agrarkulturerbes. Diese Stellung leitet sich auch daraus her, dass Bayern bis zum 2. Weltkrieg Agrarland war. So war in der Entwicklung zur Großstadt, zur Stadt der Künste und Wissenschaften, des Handels und der Gewerbe, immer ein agrarisches Element mitbestimmend.
München war seit jeher sowohl wichtiger Verbrauchs- und Verarbeitungsort wie auch Umschlagplatz für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Die Stadt war seit ihrer Gründung ein wichtiger Handels- und Verbrauchsort für Agrarerzeugnisse und hat diese Funktion auch beibehalten. Entsprechende Einrichtungen, die zum Teil bis heute bestehen, konzentrierten sich um den Marienplatz, der bis 1854 Schrannenplatz hieß. Vor allem waren dies die Schranne (Markt, Markthalle), über die der Getreidehandel lief, und der Viktualienmarkt. Die Preisnotierungen an der Schranne hatten eine landesweite Regelungsfunktion, die allerdings mit dem zunehmenden Ausbau des Verkehrswesens und des privaten und genossenschaftlichen Landwarenhandels an Bedeutung verlor. Die Schranne wurde 1910 geschlossen und durch die noch existierende Großmarkthalle ersetzt. Ab 1878 wurde der ebenfalls noch bestehende Schlacht- und Viehhof am Südbahnhof errichtet, nachdem unter dem Eindruck der verheerenden Choleraepidemie von 1866 die Errichtung kommunaler Schlachthöfe vorgeschrieben worden war. Eine treibende Kraft für diese Regelung war der Bahnbrecher der Hygienemedizin Max von Pettenkofer (1818-1901).
Als Regierungshauptstadt wurde München auch Sitz agrarischer Organisationen und der Agrarverwaltung. 1810 wurde der Landwirtschaftliche Verein gegründet. Zwei von Anfang an von ihm eingeführte Einrichtungen bestehen bis in die Gegenwart: das Münchener Oktoberfest (Zentrallandwirtschaftsfest) und das Landwirtschaftliche Wochenblatt. Unmittelbarer Anlass für das 1. Oktoberfest war die Vermählung des Kronprinzen Ludwig von Wittelsbach, des späteren Königs Ludwig I. (1825-1848) mit Therese von Sachsen- Hildburghausen. Der Platz, auf dem das Fest bis heute stattfindet, wurde Theresienwiese benannt. Neben dem eigentlichen Volksfest bildeten Pferderennen, heute in München-Riem, und -vorführungen, Tierschauen sowie Maschinen- und Geräteausstellungen die Hauptanziehungspunkte. Traditionell werden beim Oktoberfest auch ländliche Trachten gezeigt, seit 1894 in einem Trachtenumzug.
Ein späterer Nachfahre des Landwirtschaftlichen Vereins ist der Bayerische Bauernverband, der 1945 aus der Taufe gehoben wurde.
München ist auch ein Zentrum des bayerischen Genossenschaftswesens. 1897 beispielsweise schon wurde auf Betreiben des Landwirtschaftlichen Vereins eine Geschäftsstelle für den Schlachtviehverkauf am Schlachtviehhof in München eingerichtet. Daraus haben sich die genossenschaftlichen Einrichtungen der Vieh- und Fleischvermarktung entwickelt. Der "Historische Verein bayerischer Genossenschaften e. V." befasst sich im Besonderen mit der Geschichte des Genossenschaftswesens, schwerpunktmäßig der Raiffeisenorganisation, und verfügt über ein eigenes genossenschaftsgeschichtliches Archiv.
Innerhalb der Regierung wurde die Agrarwirtschaft, wohl unter dem Eindruck der Ernährungsengpässe im 1. Weltkrieg, ab 1919 mit einem eigenen Ministerium bedacht. Erster Staatsminister für Landwirtschaft war Martin Steiner (1864-1950), ein Bauer aus dem Rottal. Nach dem 2.Weltkrieg war es Ernst Rattenhuber, Gutsbesitzer aus Johannesbrunn (München), der das Ministerium neu aufbaute.
Dass aber auch in vorausgehenden Jahrhunderten im Regelfall ein gutes Verhältnis zwischen Regierenden und Bauernschaft herrschte, bezeugt die Tatsache, dass das damalige Bayern von den Aufständen des Bauernkrieges von 1524/25 kaum berührt war. Der spätere Bauernaufstand von 1705, der als Sendlinger Mordweihnacht in die Geschichte einging, weil die Bauern, nachdem sie die Waffen niedergelegt und um Gnade gefleht hatten, zu Hunderten niedergemetzelt wurden, richtete sich nicht gegen den Landesherrn, sondern gegen die österreichische Besatzung während des Spanischen Erbfolgekrieges. Ein Fresko an der Kirche von Sendling, heute ein Stadtteil von München, mit dem voranschreitenden legendären Schmied von Kochel, erinnert daran.
Mit einer Reihe von sog. Kulturmandaten, deren erstes 1762 erlassen wurde, versuchte die Regierung die Landwirtschaft zu heben. Und noch der letzte bayerische König, Ludwig III. (1913-1918) zeigte ein solches Interesse an der Landwirtschaft, dass man ihn "Millibauer" (Milli = Milch) nannte.
Agrarische Bildung und Forschung spielten seit ihren eigenständigen Anfängen in der Landeshauptstadt eine bedeutende Rolle. Bereits 1790 wurde eine Kurfürstl. Forstschule eingerichtet, die 1803 nach Weihenstephan (Freising) verlegt wurde. Als 1826 die Ludwig-Maximilians-Universität von Landshut nach München verlegt wurde, hatte die agrarische Lehre von Anfang an einen bedeutenden Platz. Lehrer und Forscher, deren Ausstrahlung weit über Bayern hinausging, waren beispielsweise Justus von Liebig (1803-1873) an der Ludwig-Maximilians-Universität und Franz von Soxhlet (1848- 1926) an der Technischen Hochschule. Ersterer revolutionierte mit seinen Erkenntnissen über Mineraldüngung die Welternährung, letzterer entwickelte zusammen mit seinem Assistenten und späteren Nachfolger Theodor Henkel (1855-1934) ein titrimetrisches Verfahren zur Qualitätsbestimmung der Milch, das ebenfalls weltweit angewandt wird. Seit 1944 ist allerdings die agrarische Lehre und Forschung im nahegelegenen Freising-Weihenstephan angesiedelt, das seither zu einem "Grünen Zentrum" ausgebaut wurde.
München bewahrt, wenn auch naturgemäß vorwiegend museal, wertvolles agrarkulturelles Erbe. Vorrangig die landtechnische Entwicklung wird in der Dauerausstellung Agrar- und Lebensmitteltechnik des Deutschen Museums gezeigt. Spezialmuseen sind das Deutsche Jagd- und Fischereimuseum und das Kartoffelmuseum. Das letztgenannte Museum, das von der Otto Eckart-Stiftung 1996 gegründet wurde, zeigt Geschichte und Bedeutung des Kartoffelbaues in Deutschland.
Ein bedeutender agrarischer Wirtschaftsfaktor Münchens sind die dort beheimatete Ernährungsindustrie, speziell die Brauindustrie, und das Ernährungshandwerk Dies ist eine der Wurzeln für die Entwicklung Münchens zum Hochtechnologiestandort mit besonderer Ausrichtung auf Bio- und Lebensmitteltechnologie.
Text: Prof. Dr. Alois Seidl.
Literatur
-Hazzi, Joseph von:
Ueber das 25jährige Wirken des landwirthschaftlichen Vereins in Bayern und des Central-Landwirthschafts- oder Oktoberfestes: zugleich den vollständigen Rechenschaftsbericht des General-Comite’s hierüber enthaltend München 1835
-Seidl, Alois:
Bayernland - Bauernland. 200 Jahre bayerische Landwirtschaft in Königreich und Freistaat  2006