Suchsymbol

Erweiterte Suche

 Weitere Zugänge:
· Art der Organisation
· Sachgebiet
· Bundesland
· Regierungsbezirk
· Landkreis
· Landschaft
· Gemeinde
· Personen
· Biographien
 Sonderbereiche:
· Oberbayrische Almen
· AgrarKulturerbe in Europa
- AgrarKulturerbe-Preis

 Vorige Seite 

Hessisches Forstamt Gießen (Hessische Gemeinschaftswälder)

Beschreibung
Forstdirektor Klaus Schwarz, der das Forstamt Gießen leitet, ist Spezialist für die hessischen Gemeinschaftswälder, eine besondere Form des privaten Waldbesitzes. Die Gemeinschaftswälder, die als eine originäre Form des Bauernwaldes gelten, zeichnen sich durch eine Vielzahl unterschiedlicher Erscheinungsformen aus. Von den 895.541 Hektar Wald in Hessen werden 31.768 ha (= 3,5 Prozent) der Landeswaldfläche, das sind immerhin 14 Prozent der hessischen Privatwaldfläche, als Gemeinschaftswald verwaltet. Der Gemeinschaftswald verteilt sich auf insgesamt 371 Gemeinschaften, deren Betriebsgrößen zwischen 0,24 ha (Interessenwald Stedebach im Forstamt Marburg) und 854,9 ha (Haubergsgenossenschaft Rittershausen im Forstamt Haiger) liegen. Die Entstehungsgeschichte der Gemeinschaftswälder liegt weitgehend im historischen Dunkel und wird durch unterschiedliche Thesen zu erklären versucht. Die eine besagt, dass nach der Völkerwanderung im 5. und 6. Jahrhundert "altfreie" Markgenossenschaften entstanden sein sollen, die weitgehend frei von grundherrlichen Abgaben gewesen waren, einer These der übrigens auch Friedrich Engels anhing. Dieser "germanischen" Variante stehen jene Rechtshistoriker gegenüber, die die Entstehung des Markwaldes erst im Hochmittelalter angesiedelt sehen. Der Ausdruck Mark, der eine Grenze bezeichnet, ist interessanterweise gleichbedeutend mit der Allmende im alemannischen Sprachraum. Die Mark oder der Gemeinschaftswald hatte wichtige Funktionen: Die Früchte des Waldes, insbesondere Eicheln und Bucheckern, waren ein Futter für die Hausschweine. Der Wald wurde als Weide genutzt. Das Herbstlaub diente als Winterfutter. Zudem bot der Wald Bau- und Brennholz. Die Gemeinschaftswälder weisen spezielle Rechts- und Eigentumsstrukturen auf, die nicht in das heutige Rechtssystem passen. So sind die Rechts- und Handlungsfähigkeit der hessischen Gemeinschaftswälder deutlich eingeschränkt, da die hessischen Markgenossenschaften keine eigene Rechtspersönlichkeit darstellen und damit weder rechts- noch geschäftsfähig sind (eingeschränkter Grundstücksverkehr). Eine Ausnahme stellen die Haubergsgenossenschaften im ehemaligen Dillkreis ein, die mit der Haubergordnung vom 4. Juni 1887 juristischen Personen gleichgestellt wurden. Regional betrachtet überwiegt der Gemeinschaftswald in Hessen in den nordhessischen Gebieten (ehemaliges Kurhessen). Er spielt außerdem eine Rolle im Mittelhessen (Am Rand der Wetterau), in der Rhön und im ehemaligen Dill-Kreis, also an der Grenze zu Nordrhein-Westfalen.
Literatur
-Brakensiek, Stefan:
Agrarreform und ländliche Gesellschaft. Die Privatisierung der Marken in Nordwestdeutschland 1750-1850. Paderborn 1991
-Brakensiek, Stefan:
Gemeinheitsteilungen in Europa. Neue Forschungsergebnisse und Deutungsangebote der europäischen Geschichtsschreibung. In: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 2/2000, S. 9-15.  
-Schwarz, Klaus:
Der Gemeinschaftswald - eine originäre Form des Bauernwaldes. In: In: Hessenbauer 34/2004, S. 20 f. (Teil 1), 36/2004, S. 28-31 (Teil 2).  
-Schwarz, Klaus:
Der Gemeinschaftswald in Hessen. In: Beiträge zur hessischen Forstgeschichte, S. 37-58. Wiesbaden 2005