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Hofgut Güll

Beschreibung
Das heute nahe der Bundesstraße 488 zwischen Butzbach und Lich gelegene, zur Stadt Lich gehörende Hofgüll (Schreibweise auch Hof Güll) wurde erstmals urkundlich 1151 bei der Gründung des Klosters Altenburg durch Konrad von Hagen erwähnt. An der Stelle des Klosters Altenburg, das auf der Höhe des ehemaligen römischen Kastells erbaut war, wurde im Jahr 1174 das Kloster Arnsburg im Tal der Wetter (etwa 1 km entfernt) gegründet. Hofgüll wurde als Wirtschaftshof des Klosters durch Mönche bewirtschaftet und eine Brauerei eingerichtet. Im Jahr 1699 wurde das Wohnhaus neu erbaut.
Durch den Reichsdeputationshauptschluss wurde das Kloster Arnsburg 1803 aufgelöst und kam in den Besitz der Fürsten Solms-Braunfels. Von diesem Zeitpunkt ab wurde Hofgüll verpachtet. Die Bewirtschaftung lag seit dem 22. Februar 1803 in den Händen der Familien Kloch/Hoffmann. Die Pächter waren:
C. Kloch 1803-1825,
C. Hoffmann, dessen Schwiegersohn 1805-1843,
Ludwig Hoffmann, dessen Sohn 1843-1885,
Ökonomierat Carl Hoffmann, dessen Sohn 1885-1928,
Paul Hoffmann, dessen Sohn 1920-1946,
Günther Hoffmann, dessen Neffe ab 1946-?.
Bei der Übernahme der Pachtung im Jahr 1803 war das Gut 247 ha groß. Durch Abgabe von Ackerland, Wiesen und Siedlungsflächen nach dem Ersten Weltkrieg (Reichssiedlungsgesetz von 1919) wurde Hofgüll fast um die Hälfte kleiner.
Während der 150 Jahre Pacht durch die Familie Hoffmann waren viele wirtschaftliche Umstellungen und bauliche Veränderungen vorgenommen. Beispielsweise wurde die Brauerei, die die Mönche betrieben hatten, in eine bekannte Branntwein-Brennerei umgewandelt. Endgültig eingestellt wurde die Bierbrauerei 1839. Der Jahresausstoß betrug etwa 8.000 bis 10.000 Liter und wurde vor allem zur Deckung des Eigenbedarfs (Akkordarbeiter, Gesinde) benutzt. Der Ausstoß des Branntweins (45% Alkohol) betrug bis 1850 jährlich etwa 24.00 bis 35.000 Liter, danach war die Produktion stark schwankend, 1902 pendelte sie sich auf 46.200 Liter ein. Der Verkauf des Branntweins erfolgte auch in den umliegenden Dörfern und Städten. Gebrannt wurde alles mögliche, je nach Angebot: Roggen, Hafer, Kartoffeln, Äpfel, Pflaumen und gelegentlich sogar Eicheln.
Der im Jahr 1902 zum Ökonomierat ernannte Carl Hoffmann baute in Hofgüll eine als mustergültig bekannte Pferde- und vor allem Schweinezucht auf. Er war seit 1886 Mitglied der DLG und lange Jahre Stellvertretender Vorsitzender der Schweinezucht-Abteilung. Hoffmann gehörte dem Vorstand der DLG an, war von 1924 bis 1933 Mitglied des Präsidiums und ab 1933 Mitglied des Gesamtausschusses. Für seine Verdienste erhielt er von der DLG die große Max-Eyth-Medaille. Der Zeitpunkt, an dem die Familie Hoffmann die Pacht aufgab, ist zur Zeit nicht bekannt.
Das auf dem Hofgut beschäftigte Gesinde setzte sich 1807 wie folgt zusammen (in Klammern das Jahresgehalt pro Person): 2 Brennereiarbeiter (88,40 RM), 1 Fuhrknecht (86,70 RM), 1 Handwerker (Wagner, 85,00 RM), 2-3 Schweizer (79,90 RM), 6 Pferde- und Ochsenknechte (67,15 RM), 1 Schafhirte (65,80 RM), 1 Schweinehirte (42,80 RM), 1 Köchin (47,60 RM), 2 Mägde (34,00 RM).
1902 gab es folgende Angestellte: 1 Oberverwalter (1.000 RM und Kost), 1 Hofverwalter (500 RM und), 1 Brennmeister (600 RM und 400 RM Tantieme und Kost), 1 Schafhirte (360 RM und Kost), 1 Schweinemeister (150 RM und 350 RM Tantieme und Kost), 2 Schweinehirten (320 bzw. 300 RM und Kost), 1 Schweinehirtenknabe (200 RM und Kost), 1 Ober- und 3 Unterschweizer (zusammen 3000 RM und Naturalien im Wert von 560 RM und 500 RM Tantieme und Kost), 9 Pferdeknechte (360 RM und 10 RM Tantieme und Kost), 1 Pferdeknecht (550 RM, 70 RM Naturalien, 30 RM Tantieme, ohne Kost), 1 Kutscher zugleich Feldpolizeiorgan (600 RM und 160 RM Naturalien ohne Kost), 1 Gärtner (600 RM ohne Kost), 1 Fohlenwärter (450 RM und Kost), 1 Haushälterin (400 RM und Kost), 2 Mägde (200 RM und Kost) 1 Magd zugleich Milchmädchen (200 RM).
Hofgüll wird heute von Clemens und Josefine Lischka bewirtschaftet und weist zum einen eine 900 Jahre alte Geschichte auf, gilt zum anderen aber als hochmoderner Agrarbetrieb.
Literatur
-Aninger, Richard:
Hofgüll in der Wetterau. Hundert Jahre der Entwicklung eines intensiven Betriebes. Berlin 1903