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Landkreis (Landratsamt) Kelheim

Beschreibung
Der Landkreis Kelheim hat mit der Südlichen Frankenalb, dem Donau-Moos und dem Donau-Isar-Hügelland Anteil an drei Naturräumen. Diese geologische Natur und eine in den verschiedenen Teilen des Gebietes voneinander abweichende Kulturgeschichte machen Kelheim zu einem der vielgestaltigsten Landkreise Bayerns. Neben beeindruckenden Felspartien und steilen Talhängen gehören Moorlandschaften ebenso zu seinem Bild wie ausgedehnte Forste oder die Flusslandschaften von Donau, Altmühl, Laaber und Abens. Der bestimmende Fluss ist die Donau, sie durchfließt den Landkreis auf 36 km Länge. Von der jetzt als Rhein-Main-Donau-Kanal ausgebauten Altmühl gehören 30 km zum Landkreis. Als herausragendes Naturschutzgebiet erhielt die "Weltenburger Enge" 1978 das Europadiplom. Dieser Wildflussabschnitt der Donau zählt zu den schönsten Flusslandschaften Deutschlands. Dem entsprechend ist im nördlichen Landkreis der Tourismus der wirtschaftliche Schwerpunkt. Der südliche Teil ist überwiegend landwirtschaftlich geprägt. Neben den klassischen Produktionszweigen Ackerbau und Tierhaltung sind zwei Sonderkulturen von erheblicher Bedeutung: Hopfen und Spargel. 37% der Hopfenanbauflächen der Hallertau, dem größten zusammenhängenden Hopfenanbaugebiet der Welt, liegen im Landkreis. Das volkskundlich ausgerichtete Hopfenmuseum in Mainburg zeigt einiges von der bemerkenswerten Kulturgeschichte dieses launischen Gewächses. Auch in der Hopfensiegelgemeinde Siegenburg ist ein Museum im Aufbau. Auf den sandigen Böden rund um die Stadt Abensberg gedeiht der Spargel, der sich aufgrund seiner Güte und dank erfolgreicher Vermarktungsstrategien zunehmender Beliebtheit erfreut. Eine weitere Vermarktungsinitiative widmet sich dem "Altmühltaler Lamm", dem "Altmühltaler Holz" und dem "Landkreisbrot".
Das Gebiet des Landkreises Kelheim ist schon vor Beginn der letzten Eiszeit von Menschen bewohnt gewesen. Mehrere hunderttausend Fundstücke weisen die im Altmühltal gelegene Sesselfelsgrotte als Rast- und Wohnplatz von Jägern der Steinzeit aus; sie ist damit einer der wichtigsten altsteinzeitlichen Fundorte in ganz Ost- und Mitteleuropa. Einen Beweis für die "Revolution in der Steinzeit", den Übergang vom ausschließlichen Jäger- und Nomadendasein zum sesshaften Ackerbau, bietet eine bei Hienheim ausgegrabene Siedlung, die vor etwa 7000 bis 6500 Jahren bestanden hat. Siedlungsspuren aus der Zeit des Neolithikums konnten an mehreren anderen Orten festgestellt werden. Spuren der frühen Bronzezeit (ca. 1800 bis 1600 v. Chr.) finden sich vor allem in den Altsiedellandschaften entlang der Donau, der Großen Laaber und der unteren Altmühl. Diese Spuren und die reichen Funde aus der Steinzeit präsentiert in vorbildlicher Form das Archäologische Museum in Kelheim.
Aus der jüngeren Eisenzeit (ca. 500 bis 15 v.Chr.) ist im Landkreis eine große Zahl keltischer Viereckschanzen bekannt. Als wichtigste Keltensiedlung ist die Stadt Alkimoennis zu nennen. Sie war als weithin ins Land ausstrahlendes Zentrum auf dem Michelsberg bei Kelheim, einem großen Bergsporn zwischen Donau und Altmühl errichtet worden. Bereits einige Jahrzehnte nach dem Beginn ihrer Herrschaft in Bayern (15 v. Chr. bis 476 n. Chr.) errichteten die Römer bei Eining das Kastell Abusina, dessen Überreste heute noch zu sehen sind. Eine der Hauptaufgaben dieser Unterkunft für eine Kohorte (ca. 6oo Mann) war es, den jenseits der Donau gelegenen Anfang des Limes militärisch zu decken. Im nahen Bad Gögging nutzten die Römer die Heilkraft der dort austretenden Schwefelquellen. Die Grundmauern eines Badebeckens konnten ausgegraben werden. Kleinere Spuren der Römerzeit gibt es noch an mehreren Orten im Landkreis, so z.B. ein Epitaph an der Kirche in Großmuss.
Im Jahr 610 gründete der heilige Eustasius mit einer Schar von Gefährten das Kloster Weltenburg an der Donau, das älteste Kloster auf bayerischem Boden. Klöster waren es auch, die im Landkreis den größeren Teil des heute noch bewahrten Agrarkulturerbes selber schufen oder seinen Aufbau draußen im Lande anregten. Ebenso sind die Wittelsbacher zu nennen, die auf dem Boden des heutigen Landkreises und in der Stadt Kelheim ab 1180 ein wichtiges Stück Landesgeschichte schrieben. Verheerende Schäden erlitt das Kreisgebiet im Dreißigjährigen Krieg. Krieg- und Pestnot führten die Menschen zu einem neuen Glaubensbewusstsein. Daraus entstanden die bedeutendsten Kirchenbauten des Barock und Rokoko im Landkreis, die weithin berühmten Klosterkirchen von Weltenburg und Rohr (beide von den Gebrüdern Asam) und die Kirche von Offenstetten (von Johann Baptist Zimmermann). Viele bäuerliche Wallfahrten und zugehörige Kirchen und Kapellen datieren ebenfalls aus dieser Zeit: Hellering, Niederleierndorf, Laaberberg, Lindkirchen, Semerskirchen, Leitenhausen. Mehrere dieser Andachtsstätten sind reich mit Votivgaben und -bildern ausgestattet, auf denen häufig der bäuerliche Alltag abgebildet ist. Eine architektonische Besonderheit ist die Doppelkirche in Hebrontshausen.
In den napoleonischen Kriegen wurden auf dem Kreisgebiet zwei bedeutende Schlachten geschlagen, 1809 bei Abensberg und bei Eggmühl. Mit Napoleon und seinen Siegen über die europäischen Mächte beginnt auch die Geschichte der Befreiungshalle, die König Ludwig I. von Bayern 1863 zum 50. Jahrstag der Völkerschlacht von Leipzig auf dem Michelsberg über Kelheim eröffnete. Der feste Zusammenhalt der einzelnen deutschen Stämme bildet die Grundidee der Befreiungshalle. Da die Donau Ende April 1945 als letzte große Widerstandslinie galt, fanden im Landkreis Kelheim an den Donauübergängen noch einmal schwere Kämpfe mit hohen Verlusten statt. Dass der Landkreis Kelheim ein besonders geschichtsträchtiger Kreis ist, wird nochmals betont durch die Gestalt des Aventinus (lateinisch "der Abensberger", 1477-1534), der mit seinem ersten großen deutschsprachigen Geschichtsbuch zu den Begründern der modernen Geschichtsschreibung zählt.
Der Wandel von einer land- und forstwirtschaftlich ausgerichteten Wirtschaft im Kreisgebiet hin zu Industrie, Handwerk, Handel, Dienstleistung und Tourismus setzt sich stetig fort. Kelheim hat eine äußerst günstige Verkehrslage, sodass Wachstumsimpulse von den Standorten der Autoindustrie in München, Regensburg, Ingolstadt und Landshut ausgehen und mit der Neuansiedlung von Zulieferbetrieben neue Arbeitsplätze geschaffen werden. In der Landwirtschaft zählt man noch gut 2.000 Betriebe, von denen jeder durchschnittlich 20 Hektar Land bewirtschaftet, vornehmlich als Ackerland. Der technische Fortschritt hat viele Bauern dazu gezwungen, ihre alten Gebäude zu modernisieren. Die traditionellen Jurahäuser mit ihrer Dachdeckung aus Kalksteinplatten und die typischen einstöckigen Hallertauer Bauernhäuser aus Holz, Lehm und Stroh sind immer weniger geworden. Trotz anerkennenswerter Bemühungen um die Erhaltung agrarkulturell wertvoller Gebäude, werden immer wieder alte Häuser abgerissen. Dennoch sind in der Denkmalliste des Landkreises nicht weniger als 879 Einzeldenkmäler, das sind 243 Kirchen und Kapellen sowie 636 profane Bauten, darunter auch bäuerliche Anwesen, Feldkreuze und Marterln verzeichnet. Das Bauernhofmuseum Riedenburg bewahrt einiges davon für die Nachwelt.
Besser als um bäuerliche Gebäude steht es im Landkreis um das bäuerliche Brauchtum. Zahlreiche Bräuche haben sich sowohl im kirchlichen Jahresablauf als auch im gemeindlichen Leben erhalten. Ob Heimat- oder Trachtenverein, Schäffler oder Theatergruppen, viele engagierte Frauen und Männer widmen sich der Pflege des Brauchtums. Einer der ältesten Jahrmärkte im Landkreis Kelheim, der Gillamoos, findet jedes Jahr in Abensberg statt. Er ist aus einer Wallfahrt zu Ehren des heiligen Aegidius auf einer Wiese "gelegen bei Sand Gilgen in dem Moos" hervorgegangen und wird 1313 zum ersten Mal erwähnt. Beeinflusst wurde das Marktgeschäft im wesentlichen durch die Höhe des Hopfenpreises und durch den Ertrag der Hopfenernte. Ursprung und Tradition des Gillamoos verspürt der Besucher besonders am Gillamoos-Montag, dem so genannten "Bauerntag" mit Vieh- und Warenmarkt. Zur Feier des Endes der Hopfenernte findet in Mainburg seit 1397 jedes Jahr im Oktober der Gallimarkt statt. Er wird heute auch das "Hallertauer Oktoberfest" genannt. Auf eine Wallfahrt zu Ehren der heiligen Ottilia zu Hellring geht der Brauch der Hellringer Dult zurück. Die zahlreichen Wallfahrer fanden bei den einheimischen Bauern Kost und Logis. Dieser Brauch der Bewirtung wurde bis in die heutige Zeit fortgesetzt. Für einige Tage räumen die Dorfbewohner ihre Bauernstuben aus, um die in Scharen herbeiströmenden Gäste "auszukochen", d.h. zu bewirten.
Text: Professor Dr. Joachim Ziche.
Literatur
-Denkmäler in Bayern - Landkreis Kelheim. (Hrsg. v. Petzet, Michael.) München 1992
-Der Landkreis Kelheim. (Hrsg. v. Landkreis Kelheim.) Kelheim 1989.
-Bleibrunner, Hans:
Niederbayern. Kulturgeschichte des Bayerischen Unterlandes, Band I. (Hrsg. v. Bezirkstag von Niederbayern.) Landshut 1979
-Bleibrunner, Hans:
Niederbayern. Kulturgeschichte des Bayerischen Unterlandes, Band II. (Hrsg. v. Bezirkstag von Niederbayern.) Landshut 1980
-Knoll, Günther/Sieber, Hannes:
Die Hallertau. Freising 1986
-Pinzl, Christoph:
Die Hopfenregion. Hopfenanbau in der Hallertau - Eine Kulturgeschichte. Schriftenreihe des Deutschen Hopfenmuseums Wolnzach, 3. Wolnzach 2002