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Landkreis (Landratsamt) Amberg-Sulzbach Beschreibung | |
Zwischen Nürnberg und Regensburg, eingebettet zwischen den Ausläufern des Oberpfälzer Waldes und der Fränkischen Alb, liegt der Landkreis Amberg-Sulzbach. Geprägt wird die Landschaft vom Oberpfälzer Jura und der Vils, die den Kreis auf 80 km Länge durchfließt, bevor sie in die Naab mündet. Quer durch den Kreis läuft die Mitteleuropäische Wasserscheide zwischen Rhein/Nordsee und Donau/Schwarzes Meer. 53 000 Hektar sind der Landwirtschaft, 59.000 Hektar der Forstwirtschaft gewidmet, was den Landkreis zu einem der waldreichsten Gebiete Bayerns macht. Darum wurden hier die Naturparke "Hirschwald" und "Veldensteiner Forst/Fränkische Schweiz" angelegt. In 27 Gemeinden wohnen 110.000 Menschen, davon 21.000 in der Stadt Sulzbach. Die kreisfreie Stadt Amberg beherbergt noch einmal 44.000 Einwohner. Die wirtschaftliche Lage sieht heute erneut hoffnungsvoll aus, denn nach dem Fall des Eisernen Vorhangs liegt der Landkreis, der sich stolz Aufsteigerregion nennt, wieder an der Magistrale Paris-Prag, einer Straßenverbindung, die schon in früheren Jahrhunderten in der Oberpfalz als "Goldene Straße" berühmt war. Damals sorgten Eisenerzabbau und rege Weiterverarbeitung des Roheisens in zahlreichen Hammerwerken für Wohlstand. Amberg war schon im 12. Jahrhundert ein bedeutender Handelsplatz, zusammen mit Sulzbach bildete es den Kern des mittelalterlichen "Ruhrgebietes". Viele Menschen waren bis in die unmittelbare Gegenwart mit der Montanindustrie verbunden. Der Niedergang des Bergbaus und der Stahlindustrie machten nicht nur dem Landkreis, sondern dem ganzen Land Bayern bis zur endgültigen Sanierung der Oberpfälzer Stahlwerke (im Jahre 2002) schwer zu schaffen. Montangeschichte zum Anfassen bietet die "Bayerische Eisenstraße". Sie verbindet Industriemonumente mit Kulturdenkmälern. Eines der bedeutendsten überregionalen Museen auf dieser Straße ist das Kulturschloss Theuern, in dem das Bergbau- und Industriemuseum Ostbayern untergebracht ist. Dazu gehört auch eine historische Getreidemühle mit Müller-Wohnhaus. Eine weltweite Besonderheit verdankt der Landkreis dem Abbau von Kaolin, einem Grundstoff zur Papier- und Porzellanherstellung. Aus dem Abraum entstand der 120 m hohe "Monte Kaolino", der aus Quarzsand besteht und Skifahren ohne Schnee das ganze Jahr über ermöglicht.
Die Landwirtschaft war hier kaum ein tragender Wirtschaftszweig. Dafür fehlen die natürlichen Voraussetzungen. Denn geologisch gehört Amberg-Sulzbach überwiegend zum Oberpfälzer Jura, der zu den niederschlagsärmsten Gegenden Deutschlands zählt. Die Jura-Formation gestaltet im Süden und Westen des Kreises die reich gegliederte Mittelgebirgslandschaft der Alb mit sanft ansteigenden waldigen Höhen, Trockentälern mit Wacholderbüschen, Trockenrasen und Krüppelkiefern. Höchster Punkt im Landkreis ist der Buchberg mit 673 m NN. Auch der Norden und Nordwesten gehört zum Jura und zeigt wellige Niederungen und magere Sandböden. Weiße Gesteinsriffe und dolomitische Schwammkalke sind zwar touristische Anziehungspunkte - wie z.B. die "Steinerne Stadt" bei Königstein, eine bizarre Felsformationen mitten im Wald - , aber ungeeignet für eine blühende Landwirtschaft. Jedoch breitet sich hier eine inzwischen fast wieder zu unberührter Natur gewordene, ursprünglich aber künstliche Weiherlandschaft aus - die Produktionsbasis der bekannten Oberpfälzer Fischzucht. Wie in allen Juragebieten sind auch hier Tropfsteinhöhlen entstanden. Die bekanntesten sind die Maximiliansgrotte, die Osterhöhle und die Cäciliengrotte. Der "Hirschbacher Höhlenrundweg" führt an 30 weiteren unterschiedlichen Höhlen vorbei. Im Osten finden sich vorgeschobene Ausläufer des Bayerischen und des Oberpfälzer Waldes mit weiten Mischwäldern, ebenfalls keine landwirtschaftliche Gunstlage. Nur im Süden des Landkreises, im Vilstal, konnte die Bevölkerung von einer ertragreicheren Landwirtschaft leben. Die landwirtschaftlich unergiebigen Gebiete schienen sich zu nichts anderem besser zu eignen als für abzusiedelnde Truppenübungsplätze, im Norden Grafenwöhr, im Süden Hohenfels. Das im Landkreis entstandene agrarische Kulturerbe konnte unter diesen Umständen nicht überwältigend reich ausfallen.
Da die Alblandschaft in der Eiszeit gletscherfrei war, lebten hier seit der Altsteinzeit Jäger und Fischer, z.B. an der Steinbergwand bei Ensdorf, die reiche Funde an Steinwerkzeugen hinterließen. Aus der Bronzezeit stammende Tongefäße, Schmuck und Waffen sind ebenfalls an vielen Orten ausgegraben worden. Spuren einer keltischen Bevölkerung sind vorhanden, die römische Herrschaft reichte nie in dieses nördlich des Limes gelegene Land. Ins Licht der bayerischen Geschichte tritt das Gebiet des heutigen Landkreises im 8. Jahrhundert zur Zeit Karls des Großen, der hier einige wenige Spuren hinterlassen hat. Heftigere Spuren kerbte Ludwig der Bayer in die karge Landschaft, denn im Vertrag von Pavia (1329) trat er einen großen Teil des bayerischen Nordgaues an Söhne und Enkel seines Bruders Rudolf ab, die ihrerseits ihre Lande erneut teilten. So kam es zu der politischen Zersplitterung des Landes in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts. So kam es aber auch zu der heute den Tourismus belebenden großen Zahl von stolzen Burgen im Amberg-Sulzbacher Land. Sie dienten sowohl dem Schutz gegen Osten als auch dem territorialen Interesse, sich dem Nachbarn gegenüber zu behaupten, und dem Schutz der Handelswege, besonders der Strecke zwischen Nürnberg und Eger. Im Zuge des sanften Tourismus wandert man heute von Burg zu Burg und von Schloss zu Schloss, von Ammerthal bis Zant. In ganz Bayern bekannt ist der Burgherr Seyfried Schweppermann, der 1313 für Ludwig den Bayern die letzte Ritterschlacht (bei Gammelsdorf, Landkreis Freising) gewann und im Laufe seines Lebens vom Kaiser wegen seiner Tapferkeit mit mehreren Burgen belehnt wurde. Seine Prunktumba ist in Kastl zu sehen. Ein Überbleibsel aus der Zeit der politischen Zersplitterung ist in Wirnsricht bei Poppenricht erhalten, das "Bayerische Brückl". Einst markierte es die Grenze der Bambergischen Herrschaft im Nordwesten des Landkreises.
1353 verpfändet einer der Pfalzgrafen das Sulzbacher Land an Kaiser Karl IV., den König von Böhmen. Ihm bot es sich an als Landbrücke zwischen Prag, Nürnberg und Frankfurt bis ins Stammland seiner Vorfahren, nach Luxemburg. Er schlug das Land deswegen als "Neuböhmen" seinen böhmischen Besitzungen zu. Sulzbach wurde die Hauptstadt dieses Territoriums. Ab 1400 beseitigte König Ruprecht von der Pfalz einen Teil dieser Zersplitterung. Dennoch blieben genügend Herrschaften übrig, deren unterschiedliche Stellungen zur Reformation für die sattsam bekannten erzwungenen mehrmaligen Glaubenswechsel ihrer Untertanen verantwortlich waren. So mussten etwa die Amberger oder die Schnaittenbacher binnen weniger Jahre viermal zwischen reformiert und katholisch wechseln. Vielerorts entstanden aber auch Simultankirchen, die bis nach dem zweiten Weltkrieg von beiden Konfessionen genutzt wurden, so z.B. St. Michael in Poppenricht bis 1964.
Der unfreiwillige Auslöser des 30jährigen Krieges, Kurfürst Friedrich V., der "Winterkönig", wurde 1596 in der Nähe Ambergs geboren, beteiligte sich an einem Aufstand gegen das Haus Habsburg, in dessen Verlauf er 1619 in Prag zum König von Böhmen gewählt wurde, verlor aber schon im folgenden Jahr die Schlacht am Weißen Berg und löste damit den unheilvollen Krieg aus. Das Land um Amberg und Sulzbach litt schrecklich unter dieser Katastrophe. Dabei war das Land schon einmal, nämlich in den Hussitenkriegen 1430, aufgrund religiöser Streitigkeiten verheert worden.
Als nach dem westfälischen Friedensschluss auch die Gegend des heutigen Landkreises Amberg-Sulzbach wieder aufgebaut wurde, entstanden im Geiste der Gegenreformation hervorragende Werke des Barock, angeführt von den Kirchenbauten, an denen die Künstlerfamilie Asam beteiligt war. Mit der Klosterkirche St. Jakob in Ensdorf, gelegen am Jakobswanderweg von Tschechien über Nürnberg zum Bodensee, begründete 1714 Cosmas Damian Asam seinen Ruhm. Auch sein nächstes Werk ist überaus sehenswert: die Wallfahrtskirche Maria-Hilf in Amberg. Das Gleiche gilt für die Kirche des Klosters Michelfeld. Die Pfarrkirche St. Walburga in Lintach zählt zu den schönsten barocken Dorfkirchen der Oberpfalz. Aus den romanischen und gotischen Bauepochen sind ebenfalls bemerkenswerte Reste erhalten, darunter in Sulzbach-Rosenberg einer der ältesten Kirchenräume Deutschlands: der noch zum Teil existierende Sakralraum der Burgkirche aus der Karolingerzeit. Wie in anderen Teilen der Oberpfalz waren auch die Bewohner im Kreis Amberg-Sulzbach einst eifrige Wallfahrer. Davon leiten sich die heute noch gefeierten fünf großen Bergfeste rund um bekannte Wallfahrtskirchen her: Maria-Hilf in Amberg, St. Anna in Sulzbach-Rosenberg, Maria Himmelfahrt in Hahnbach, Marienwallfahrt zur Mausbergkirche in Gebenbach und Wallfahrt zur "Kreuzerhöhung" auf dem Kreuzberg bei Vilseck. Pferdewallfahrten, Pferdesegnungen und Umritte gibt es z.B. in Hahnbach, Kreuth, Hausen und Kemnath am Buchberg. Ebenfalls aus den noch eher agrarisch geprägten Zeiten des Landkreises stammen zahlreiche Kirchweihen und Dorffeste. Dort haben auch Bräuche ihren Ursprung, die noch oder wieder gepflegt werden: "Nikolausgäih" in Pittersberg, dort auch das "Frauentragen" und Bittgänge, weiter verbreitet sind im gesamten Landkreis die "Sternsinger". In Freudenberg spielt eine hervorragende Bauernbühne.
Am Ortseingang von Mausdorf befindet sich eine agrarhistorische Rarität, ein alter Getreidespeicher mit angebauter Kapelle. Er gilt als der einzige noch erhaltene gemauerte Lagerraum für die Erntevorräte eines ganzen Dorfes. In Weigendorf ist die Oedmühle aus dem 14. Jahrhundert mit ihrer kleinen, urigen Gaststube in Privatinitiative liebevoll restauriert worden. In Neukirchen stehen noch einige alte Häuser und ganze Anwesen als beredte Zeugen aus der Zeit, als die Landwirtschaft Haupterwerb war. Ähnlich ist es mit einigen stolzen Ackerbürgerhäusern zu beiden Seiten der Straße in Hohenburg. Mehrere Dörfer des Landkreises sind für die umfassende Erhaltung, Restaurierung und Erneuerung ihrer Bausubstanz prämiert worden, so Illschwang und Fürnried, einmal "schönstes Dorf Bayerns". Die aktive Dorfgemeinschaft Höhengau machte sich 1991 an die Renovierung der im Wald gelegenen Kehlkapelle, einer originellen Betstätte, die aus einem pyramidenförmigen Sandsteinblock gemeißelt ist und wohl 1749 entstand.
Mehrere Museen bergen auch agrarkulturelle Güter, so das Kastler Heimatmuseum, das selbst in einem alten Bauernhaus mit Scheune untergebracht ist und als liebevoll ausgestattete Schatzkammer Oberpfälzer Kulturgutes gilt, oder der Goglhof, das Bauernmuseum im Ortsteil Eberhardsbühl der Gemeinde Edelsfeld, ehemals ein landwirtschaftliches Anwesen mit Fachwerkhaus von 1767, das noch bis in die 1960er Jahre bewirtschaftet wurde. Auch in Schmidmühlen steht ein agrarisch ausgerichtetes Heimatmuseum. Der Ort war mehrfach von Absiedlungen auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes Hohenfels betroffen, zuletzt sogar noch nach dem Zweiten Weltkrieg (amerikanische Armee).
Text: Prof. Dr. Joachim Ziche |
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Literatur | |
- | | Sander, Heidemarie: Grüne Wälder, stolze Burgen. Das Amberg-Sulzbacher Land Amberg 2006 |
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