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Landkreis (Landratsamt) Bad Tölz-Wolfratshausen

Beschreibung
Wie die Nachbarlandkreise Garmisch-Partenkirchen im Westen und Miesbach im Osten liegt auch der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen ganz im Süden des Regierungsbezirks Oberbayern angrenzend an Österreich. In der Nord-Süd-Richtung stellt er die Verbindung zwischen dem Landkreis München und dem österreichischen Bundesland Tirol her. Durch die östlich des Starnberger Sees verlaufende A 95 und die nördlich am Kreisgebiet vorbeiführende A 8 ist der Landkreis an den nach München führenden und an den überregionalen Straßenverkehr angeschlossen. Der S-Bahnanschluss Geretsried (S 7 des Münchner Verkehrsverbundes) und die Bahnstrecke München-Lenggries gewährleisten ebenfalls die gute Anbindung an die Landeshauptstadt.
Naturräumlich geprägt wird das Kreisgebiet durch die Flussläufe der Isar und der Loisach, die bei Wolfratshausen in die Isar mündet. Entlang dieser Flüsse vor allem schoben sich die Gletscher der Eiszeit vor und hinterließen die charakteristische Seen- und Moränenlandschaft. Der südliche Landkreisteil ist dabei noch der alpinen Zone zuzurechnen mit dem 2102 m hohen, zum Karwendel gehörenden Scharfreuter (Schafreuter) als höchster Erhebung. Die größten auf dem Kreisgebiet liegenden natürlichen Seen sind der Walchensee und der Kochelsee. Zur Hochwasserregulierung künstlich angelegt wurde der Sylvensteinsee.
Die Agrarwirtschaft des Landkreises wird durch die voralpine und alpine Lage bestimmt und ist vornehmlich auf Grünlandwirtschaft ausgerichtet, dementsprechend liegt der Günlandanteil an der landwirtschaftlich genutzten Fläche bei 93,4%. Ein bedeutender Anteil des Dauergrünlandes sind Almen und Hutungen, insbesondere in der im südlichen Landkreis gelegenen Gemeinde Lenggries. Aus den Almnamen (z.B. Delps, Walchen) lässt sich schließen, dass ihre Bewirtschaftung bis in die keltische und römische Zeit zurückreicht. Nur im äußersten Norden ist ein geringer Anteil ackerbaulicher Nutzung zu finden.
Der Anteil der Agrarfläche an der Kreisfläche liegt bei 85,5%, davon entfallen 51,7 % auf den Wald, 33,85 % auf die Landwirtschaftsfläche. Die Bandbreite des Klimas reicht von einer Jahresdurchschnittstemperatur von 7,2 Grad C im Norden bis zu 5,5 Grad C im Süden des Landkreises, die durchschnittlichen Jahreniederschläge bewegen sich zwischen 1.000 und 2.000 mm.
Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe beläuft sich auf rd. 1.300, wovon 60 % im Haupterwerb bewirtschaftet werden. Dabei spielt der Erwerbszweig "Urlaub auf dem Bauernhof" eine bedeutende Rolle. Die Durchschnittsgröße der Haupterwerbsbetriebe liegt bei rd. 34 ha, was einer mittelbäuerlichen Agrarstruktur entspricht. Der Anteil der in der Landwirtschaft Tätigen an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen liegt bei 4,1%.
Der Landkreis hat 12 Naturschutzgebiete mit einer Gesamtfläche von etwa 13.000 ha. Sie umfassen vor allem die ausgedehnten Moor- und Streuwiesenflächen, die im Landkreis bayernweit am stärksten vertreten sind. Von besonderem naturschutzlichem Interesse sind auch das NSG "Pupplinger Au", ein Auwaldgebiet am Zusammenfluss von Isar und Loisach und das NSG "Insel Sassau im Walchensee" (Gemeinde Kochel am See) mit einem botanisch interessanten Naturwaldbestand.
Die Besiedlung des Kreisgebietes geht vereinzelt in die frühgeschichtliche Zeit zurück. Vermehrte Spuren lassen sich aus der keltischen (z.B. Viereckschanzen in der Gemeinde Egling) und römischen (römische Siedlungsreste in der Gemeinde Icking) nachweisen. Nach dem Zerfall des weströmischen Reiches setzte die bajuwarische Einwanderung ein. Die vielen Ortsnamen, die auf -ing enden, sind ein beredter siedlungsgeschichtlicher Nachklang. Der der Erstbesiedlung folgende Landesausbau durch Rodung wurde vor allem durch Klöster organisiert. Ein Beispiel dafür ist die Aufsiedlung der Jachenau durch das Kloster Benediktbeuern.
Charakteristische Siedlungsformen sind, mehr im Landkreisnorden zu finden, das unregelmäßig gewachsene Haufendorf und das vor allem im südlichen Isarwinkel vorkommende Waldhufendorf. Die Höfe in den Waldhufendörfern liegen in der Regel in loser Folge tallängs und der jeweils zugehörige landwirtschaftliche Grund reicht quer zum Tal bis zur Feld-Wald-Grenze. Außer den Dörfern gibt es auch Weiler und Einödhofe.
Die typische Hofform ist der oberbayerische Einfirsthof mit aneinanderstoßendem Wohn- und Wirtschaftsteil. Im Landkreis ist eine besonders hohe Zahl von gut erhaltenen Bauernhöfen, häufig unverputzte oder verputzte Blockbauten, und Getreidekästen zu finden. Bemerkenswerte Dorfensembles sind z. B. Ried (Gemeinde Kochel am See), Deining und Thanning (Gemeinde Egling), Humbach (Gemeinde Dietramszell) und Wackersberg. Die über das Kreisgebiet verstreuten Getreidekästen und die ebenfalls zahlreich festzustellenden Wölbäcker (Hochäcker) verweisen darauf, dass früher der Getreidebau stärker vertreten war.
Der ländliche Charakter des Kreisgebietes spiegelt sich auch im Brauchtum, beispielsweise in den Leonhardifahrten zu Bad Tölz, Benediktbeuern und Dietramszell und in der starken Rolle, die die Trachten noch spielen. In die gleiche Richtung weist die legendäre Gestalt des "Schmied von Kochel". Sie erinnert an den Aufstand der Oberländer Bauern gegen die österreichische Besatzung, der schließlich in der Katastrophe der "Sendlinger Mordweihnacht" von 1705 endete (siehe Landeshauptstadt München).
Über Land- und Forstwirtschaft hinaus haben sich im Landkreis in neuerer Zeit auch andere Wirtschaftszweige entwickelt. Im Dienstleistungsbereich ist dies vor allem der Fremdenverkehr. Im industriell-gewerblichen Bereich sind schwerpunktmäßig die Arzneimittelherstellung, der Maschinenbau, die Möbelindustrie und die Energietechnik vertreten. Wichtige Standorte sind Bad Tölz, Geretsried, Sachsenkam und Wolfratshausen. Größter Arbeitgeber im Landkreis ist die Firma Burgmann Industries mit rd. 1.100 Beschäftigten. Neben dem industriell-gewerblichen Sektor ist das Handwerk mit rd. 2.700 Betrieben stark vertreten.
Von wirtschaftsgeschichtlichem Interesse sind die Kalkbrennerei und die Flößerei, ehedem wichtige Erwerbszweige. An die Kalkbrennerei erinnert ein denkmalgeschützter Brennofen in Lenggries. Das Rohmaterial waren im Isarbett gesammelte "Klaubsteine". Mit Flößen wurde der Kalk, wie auch andere Handelsgüter und das Holz selbst, Isar abwärts zu den Verbrauchsorten gebracht.
Der Landkreis ist reich an kultureller Substanz. Kulturgeschichtlich bedeutende Träger waren das Benediktinerkloster Benediktbeuern und die Augustiner-Chorherren-Stifte Dietramszell und Schlehdorf. Benediktbeuern ist als 1930 neugegründetes Salesianerkloster mit Hochschuleinrichtungen für Philosophie, Theologie, Sozial- und Religionspädagogik sowie einem "Zentrum für Kultur und Umwelt" auch heute wieder ein geistiger und geistlicher Mittelpunkt.
Mit den Klosterkirchen, Festsälen und Bibliotheken haben uns die erwähnten Klöster auch wertvolle Zeugnisse barocker Baukunst hinterlassen. Besonders hervorzuheben ist die von Johann Michael Fischer geschaffene Anastasiakapelle an der Benediktbeuerner Klosterkirche mit Skulpturen von Ignaz Günther.
Bedeutenden Persönlichkeiten war der Landkreis Wohnstätte und Heimat. Der Physiker Joseph von Fraunhofer (1787-1826), Forscher und Unternehmer, leitete eine Glashütte in dem säkularisierten Kloster von Benediktbeuern, die heute noch als Museum zugänglich ist. Der Maler Franz Marc (1880-1916) war mit der Gemeinde Kochel am See eng verbunden. Dort verbrachte er viele Malsommer auf der Staffelalm und bezog wenige Jahre vor seinem Tod eine Villa im Ortsteil Ried. Thomas Mann (1875-1955) verbrachte mit seiner Familie von 1909 bis 1917 die Sommer in seinem Landhaus in Bad Tölz.
Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen besteht aus 18 Gemeinden, darunter die Städte Bad Tölz (rd. 17.500 Einw.), Geretsried (rd. 24.000 Einw.) und Wolfratshausen (rd. 17.500 Einw.). Auf einer Fläche von 1111 qkm leben rd. 120.000 Landkreisbürger. Dies entspricht einer Einwohnerdichte von 108 pro qkm.
Text: Prof. Dr. Alois Seidl
Literatur
-Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. (Hrsg. v. Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen.) o. O. 2005
-Veröffentlichungen (Hrsg. v. Historischer Verein für das Bayerische Oberland-Bad Tölz.)  
-Veröffentlichungen (Hrsg. v. Historischer Verein Wolfratshausen.)  
-Neu, W.:
Das alte Bauernhaus im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. In: in: Denkmäler in Bayern, Bd. I,5.  1994
-Silbernagl, H.:
Die Almen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. In: Denkmäler in Bayern, Bd. I,5.  1994