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Landkreis (Landratsamt) Deggendorf Beschreibung | |
Der Landkreis Deggendorf im Herzen Niederbayerns hat sich einen wunderschönen Werbeslogan gewählt: "Auf der Sonnenseite des Bayerischen Waldes". Diese Sonnenseite wird von der ungefähr in Ost-West- Richtung verlaufenden Bergkette des Vorderen Bayerischen Waldes gebildet. Ihre Südhänge ragen mit einem Höhenunterschied von 800 Metern über der Donauebene auf. Damit ist schon angemerkt, dass der Landkreis aus zwei völlig unterschiedlichen Naturräumen besteht: nördlich der Donau der aus kristallinem Grundgebirge bestehende Bayerische Wald und südlich der Donau der weite, von den Eiszeiten geformte, lößbedeckte Gäuboden. Zwei große Flüsse gliedern die Landschaft noch weiter: auf 19 Kilometer die Isar, der "stammesbayerische" Fluss und auf 36 Kilometer die Donau, der "staatsbayerische" Strom (Karl Bosl). Die höchste Erhebung im Landkreis ist der Einödriegel mit 1121 m NN, der tiefste Punkt liegt mit 303 m NN in Herzogau, Gemeinde Künzing. Der Höhenlage folgt der Niederschlag: südlich der Donau 700 mm/Jahr, nördlich bis 1200 mm. Im Gäuboden ist es immer 1-2 Grad C wärmer als im Wald. Dementsprechend herrscht im Gäu der Ackerbau vor mit Getreidebau, Zuckerrüben und Feldgemüse, vor allem Gurken. Größere Vollerwerbsbetriebe bewirtschaften die Flächen. Nördlich der Donau begünstigt das rauere Klima das Dauergrünland. Hier waren die Bauernhöfe schon immer klein und die Menschen daher von einer zweiten Erwerbsquelle abhängig. Eine davon war über Jahrhunderte der Wald, der hier 40% der Fläche bedeckt. Südlich der Donau nimmt er dagegen nur 12% ein. Heute finden sehr viele Nebenerwerbler im eigenen Landkreis qualifizierte Arbeitsplätze, denn Deggendorf hat sich von einem stark landwirtschaftlich geprägten (1950 noch über 50% der Erwerbstätigen) zu einem wirtschaftlich erfolgreichen, mittelständisch orientierten Landkreis entwickelt. Auch der Fremdenverkehr beschäftigt eine ansehnliche Zahl heimischer Arbeitskräfte. Stolz berichtet der Landrat: "... ist diese Region ein sehr lebendiger Landstrich, die Heimat von Menschen, die sich ihrer Geschichte bewusst und der Tradition verbunden sind, ohne vernünftigem Fortschritt im Wege zu stehen."
Die Isarmündung ist eine einzigartige Auenlandschaft mit seltenen Pflanzen und Tieren, allein 110 Vogelarten leben hier. Im Infohaus "Isarmündung" in Maxmühle bei Moos werden die Lebensräume des rund 800 Hektar umfassenden, unter Naturschutz stehenden Mündungsgebietes dargestellt. Weitere acht Naturschutzgebiete bedecken noch einmal über 250 Hektar. Dazu kommt das Landschaftsschutzgebiet "Untere Isar" mit fast 3500 Hektar und das weit über den Kreis hinausreichende Landschaftsschutzgebiet "Bayerischer Wald". 24 Einzel-Naturdenkmäler, 13 flächenhafte Naturdenkmäler und 20 geschützte Landschaftsbestandteile zählt das Landratsamt auf.
Wie alle Gäulandschaften zog auch der Deggendorfer Teil des niederbayerischen Gäubodens von jeher Menschen an. Funde, wenn auch bisher sehr spärliche, zeugen von gelegentlicher Begehung und kurzzeitiger Niederlassung mittel- und spätpaläolithischer Jäger und Sammler am Rand des Bayerischen Waldes. Alle jungsteinzeitlichen Kulturen von den ältesten Linienbandkeramikern angefangen bis zur Altheimer Gruppe ausgangs des Paläolithikums sind durch Funde belegt. Fast alle diese Siedlungen liegen an lößbedeckten Terrassenkanten in unmittelbarer Nähe von fließenden Gewässern. Eine Besonderheit sind vier Kreisgrabenanlagen mit bis zu 400 m Durchmesser, die heute im Gelände nur noch aus der Luft auszumachen sind, sie dienten wohl kultischen Zwecken. Die Bronzezeit ist u.a. vertreten mit Grabhügeln, die sich besonders zahlreich in den Wäldern auf dem Höhenrücken zwischen Isar- und Vilstal erhalten haben, in Haunersdorf etwa hundert Hügel. Aus der Hallstattzeit stammen Relikte von Herrenhöfen, bei denen ein Areal von etwa 2500 bis 3000 m2 von einem oder mehreren Gräben oder Palisaden umgeben wird und eines oder mehrere Häuser enthält (bei Linzing und Natternberg). Seit Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. lassen sich die Kelten im Landkreisgebiet nachweisen. Herausragende Funde aus dieser Zeit sind die Hohlbuckelringe von Aholming und die Brandgräber von Uttenhofen. Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. dringen Germanen und Römer ins Keltengebiet vor. Aus der römischen Zeit sind drei Kastelle (Steinkirchen, Moos-Burgstall, Künzing) und einige Gutshöfe ausgegraben worden. Am besten erforscht ist Künzing, das um 90 n. Chr. gegründet wurde und im 3. Jahrhundert n. Chr. gewaltsam untergegangen ist. Künzing gilt als der älteste durchgehend besiedelte Ort des Landkreises: von der Gründung des Kastells an haben dort Menschen gehaust. Schon im 5. Jahrhundert treten die ersten Bajuwaren auf und legen die Grundlagen für die meisten heutigen Dörfer. Aus der Zeit der Ungarneinfälle im 10. Jahrhundert stammen Wehrbauten wie die Wischlburg bei Stephansposching, in Moos-Burgstall und Oberpöring-Bürg.
Seit ihrer Gründung im 8. Jahrhundert haben die Klöster Niederaltaich und Metten für die Urbarmachung des Landes eine unschätzbare Rolle gespielt. Sie begannen mit der Besiedelung des "Nordwaldes" wie der Bayerische Wald damals hieß. Von ihren Mönchen wurde auch der "Böhmweg", eine Handelsroute über das Gebirge hinweg nach Böhmen geschaffen. Die beiden Klöster zählen zu den wichtigsten kulturellen Sehenswürdigkeiten des Landkreises. Ihrem Wirken verdankt es der Landkreis, dass er zu den kunstreichsten in Niederbayern zählt. Die meisten Kunstschätze finden sich in Kirchen und Kapellen. Am berühmtesten ist die Asambasilika Altenmarkt/Osterhofen, eine Stadtkirche, aber viele Dorfkirchen sind ebenfalls wahre Schatzkästlein, so die Kirche in Loh bei Stephansposching (1690/98 von Viscardi erbaut), "Himmel des Rokoko" (Markmiller) genannt. In der kleinen Wallfahrtskirche Maria Bürg steht ein Hochaltar, der besonders deutlich die bäuerliche Frömmigkeit kennzeichnet: In der Altarnische schwebt auf silbernen Wolken ein holzgeschnitztes Mariahilf-Bild. Neben den gedrehten Säulen stehen die beiden Figuren der Heiligen Johannes und Paulus Martyrer, die berühmten Wetterheiligen, Patrone gegen Blitz- und Hagelschlag. Die Türkenmadonna von Lalling ist ein feines Kunstwerk aus der Gotik, um 1400 entstanden. Sie erinnert auch an die vielen Kriegszüge, die unmittelbar über das Gebiet des Landkreises hinweggebraust sind, von den Ungarnstürmen des 10. Jahrhunderts bis zu den napoleonischen Kriegen an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Das Johannes-Kirchlein in Kleinschwarzach besitzt einen fulminanten Rankenaltar, um zwei gedrehte Säulen winden sich breite goldene Akanthusranken. In Iggensbach hängt die älteste sicher datierte Kirchenglocke Deutschlands von 1144. Wie in anderen Bayerwaldkreisen auch werden die typischen Totenbretter schon seit Jahrzehnten sorgsam gepflegt und neue Bretter aufgestellt. Wahrscheinlich gibt es heute mehr Totenbretter als je zuvor.
Wir finden im Landkreis fast jede Form des süddeutschen Bauernhauses, mit Ausnahme des Fachwerkbaus, weil auf den alten Handelswegen wandernde Handwerksgesellen alle möglichen Bauweisen mitbrachten. Die ältesten Bauernhäuser stammen aus dem 17. Jahrhundert, viele aus dem 18., die meisten aber wurden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtet. Einige der am besten erhaltenen Waldlerhäuser des Bayerischen Waldes stehen in Datting, einer kleinen Ortschaft oberhalb von Lalling. Sie ziehen Fotografen geradezu magisch an. Weniger bekannt, aber ebenso wertvoll sind z.B. das Hilmer-Haus in Rettenbach, ein Waldlersacherl in Böbrach, in Moos-Niederleithen steht ein prachtvolles Wohnstallhaus, entstanden um 1780, das typische Haus eines kleinen Handwerkers auf dem Dorf, erbaut um 1850, findet sich in Neuhausen. Eines der schönsten Dorfensembles in Bayern ist Gerholling bei Lalling: im Vordergrund der uralte Jakob-Hof, im Kern aus dem 17. Jahrhundert, im Hintergrund der Oswald-Hof aus dem 18. Jahrhundert.
Von den wenigen Schlössern im Landkreis sind die sehenswertesten Moos und Egg. Moos ist ein uralter Adelssitz, der auch heute noch für seine Bewohner bestimmend ist. Jahrhunderte hindurch residierten die Grafen von Preysing-Lichtenegg-Moos, ein über Bayern hinaus bekanntes und berühmtes Adelsgeschlecht, das auch durch seine sozialen und karitativen Taten Geschichte machte. Die weitere Entwicklung des Ortes Moos wurde in den letzten Jahrzehnten vom Gräflichen Haus Arco-Zinneberg mitgeprägt. Ihr Renaissanceschloss ist auch heute noch ein kultureller und gesellschaftlicher Mittelpunkt. Das mittelalterlichste Schloss Niederbayerns in Egg stammt aus neugotischer Zeit und ist Graf Armannsberg zu danken. Als er aus der uralten Turmburg das Schloss machte, war das Arbeitsbeschaffung für die Steinmetze der Gemeinde Bernried.
In der jüngsten Agrargeschichte ist die Gäugemeinde Buchhofen zu Ruhm gelangt, denn hier liegt die Geburtsstätte der ersten bäuerlichen Maschinenbank in Deutschland (1958). Landmaschinen beherbergt auch das private Bauernhofmuseum Schreiner im Ortsteil Nindorf. Hier sammelt Johann Schreiner seit den siebziger Jahren alte Landmaschinen und bäuerliche Geräte, die seit 1981/82 in eigens von ihm errichteten Gebäuden untergebracht sind. Weitere auch agrarhistorisch interessante Museen gibt es in Winzer/Flintsbach (Ziegel- und Kalkmuseum), Grafling, Osterhofen (Heimatmuseen) und Bernried (Dorfmuseum). Bäuerliches Brauchtum prägt die "Altbäuerliche Sonderwoche", die alle zwei Jahre in Kerschbaum stattfindet, und das Lallinger Mostfest mit Haferlmarkt, das alljährlich Anfang Juli im alten, originalen Zehentstadel abläuft.
Text: Prof. Dr. Joachim Ziche |
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